Donnerstag, 4. Februar 2010

Der Geist der alten Thailehrerin (5)

Teil 5, Mäo

Der Geist der alten Thailehrerin und der Geist von Nui entdeckten schon bei ihrem ersten Treffen ihre Zuneigung zueinander, die im Laufe der Zeit immer inniger wurde. Der Geist von Nui schaffte es, den Geist der alten Thailehrerin aus seinen trüben Gedanken herauszuholen. Gemeinsam unternahmen sie Ausflüge und freuten sich, dass sie nicht mehr alleine herumirren mussten. Nachmittags gingen sie zum Meer und legten sich in die warmen großen Pfützen zwischen den Sandbänken, die das zurückgehende Wasser übriggelassen hatte. Sie sahen dem Strandleben zu und beobachteten andere Geister, die mit ihren Menschen zum Baden gegangen waren. Eine komische Gesellschaft kam da zusammen. Die Geister der Thais waren hochnäsige Gesellen, die um die Faranggeister einen großen Bogen machten. Da jene in Ländern leben mussten, in denen Geister nicht verehrt wurden und demzufolge auch keine Wertschätzung genossen, hatten die Thaigeister nur Verachtung für sie übrig. Sie stellten ihnen hinterlistige Fallen, in die die Faranggeister auch prompt fielen und dann standen sie herum und lachten die armen Tölpel aus. Sie sorgten für Unfälle mit den Unkundigen auf den thailändischen Geisterbahnen oder sie klauten sämtliches Geistermanna für ein paar Tage, so dass die ausländischen Fremdlinge mit den Mönchen betteln gehen mussten. Aber die Faranggeister wussten sich zu wehren. Sie störten die sehr beliebten Karaokekampfsingveranstaltungen, indem sie die Musik und die Stimmen durcheinander brachten oder sie besetzten die überall im Land herumstehenden Geisterhäuschen und legten darin Leimruten aus, worauf Kakerlaken, Geckos und Fliegen kleben blieben, so daß der örtliche Hausgeist zu seinen dargebotenen Schalen mit Reis und Obst nicht mehr zurückkam.

Eines Tages trafen der Geist der alten Thailehrerin und der Geist von Nui eine junge Frau am Strand. Es war Mäo, die überglücklich mit ihrem neuen Ehemann spazieren ging. Mäo bemerkte die beiden unsichtbaren Geister nicht und Jürgen, ihr Ehemann, auch nicht. Geister sind nicht neugierig, sie kennen ja schon alles. Aber sie schließen sich gerne schon mal einem jungen Liebespaar an, einesteils um der eigenen Langeweile zu entgehen und andererseits ist es ja doch immer wieder spannend, den wundersamen Wendungen einer frischen Liebesgeschichte zu folgen. So gingen sie mit Mäo und Jürgen auf Reisen.

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